Stille

Es ist die Zeit zwischen den Jahren. Weihnachten und die Feiertage sind vorüber. Der Jahreswechsel und ein neues Jahr – womöglich jetzt schon angefüllt mit guten Vorsätzen, Erwartungen, Wünschen, Absichten, wie es nicht mehr sein soll und Erlebnissen, die man um keinen Preis mitnehmen möchte – stehen vor der Tür.

Es sind die sogenannten Rauhnächte, die dem bewussten Loslassen und Ausrichten auf etwas Neues oder auf das, was man stärken möchte, dienen können. Denn in diesen Tagen und Nächten sind die Schleier zur geistigen Welt besonders dünn und somit können die Verbindung „dorthin“ und die Unterstützung „von dort“ leichter wahrgenommen werden.

Vielleicht hast Du damit gar nicht so viel am Hut, kannst aber dennoch spüren, dass die Energiequalität dieser Tage sich irgendwie anders anfühlt. Vielleicht ist alles, wie sonst auch, und doch ist es irgendwie anders – besonderer.

Zum einen liegt das bestimmt an der Zeitqualität: Weihnachten – Christi Geburt, Fest der Liebe, Wintersonnwende – Rückkehr des Lichts, Jahreswechsel – Abschluss des Alten, Ankündigung des Neuen. So viele kollektive und persönliche Geschichten geben dieser Zeit eine ganz spezielle Färbung.

Doch es sind nicht nur die Geschichten, Erinnerungen und Hoffnungen, die uns spüren lassen, dass diesen Tagen etwas Besonderes innewohnt. Etwas geht zu Ende und etwas anderes beginnt und so, wie zwischen zwei Atemzügen, tut sich hier eine Art Lücke, ein Portal auf. Es ist ein Zwischenraum – ebendieses Tor, dessen Schleier zu dieser Zeit dünner sind – das uns ermöglicht, von der Welt der Formen in eine Welt der Formlosigkeit einzutauchen.

Unsere Welt mit ihren Landschaften, die Erlebnisse, die Geschichten, alle Gedanken, Gefühle, sensorische Wahrnehmung, Absichten, innere Haltungen, Ausrichtungen, selbst Widerstände und innere Blockaden oder Erstarrung – all das sind Formen. Aber die Formen können erst in einem „Raum“ als solche wahrgenommen werden. Ebenso, wie ein Ton erst in der Tonlosigkeit wahrgenommen wird. Dieser Raum, diese Tonlosigkeit, diese scheinbare Abwesenheit von Etwas ist Stille, manchmal auch beschrieben als Nichts oder eben Formlosigkeit.

Die Welt der Formen besteht aus Unterscheidung und Bewertung. Und das ist gut so.